Das Metaverse etabliert sich als neuer Markenkontaktpunkt und stellt mit NFTs Werkzeuge zur Kundenbindung bereit. Doch in der noch jungen Landschaft von Web3 ist noch kein ‚Goldstandard‘ in Sicht. Fallstudien berühmter Marken helfen dabei zu lernen, worauf es in Zukunft ankommt.
Die Umsetzung einer eigenen Web3-Strategie bietet Unternehmen nicht nur Chancen, sondern stellt sie auch vor erhebliche Herausforderungen und Risken. Der erste Schritt ins Metaverse kann sowohl zum großen Marketing-Erfolg, als auch zum peinlichen und kostspieligen PR-Desaster werden.
Als Beispiel für einen wohl misslungenen Web3-Markteintritt gilt der im Januar 2023 erfolgte und zuvor groß angekündigte NFT-Launch von Porsche, der die Kritik und Häme der Web3-Community mit sich zog. Die Funktionen der Porsche-NFTs waren mager und gingen nicht über die Möglichkeiten herkömmlicher Auto-Videospiele hinaus. Porsche wurde vor allem ein mangelndes Verständnis der Besonderheiten des Web3-Marktes, das Fehlen einer Web3-Community sowie die Fehleinschätzung der eigenen Markenbekanntheit vorgeworfen.
Zum jetzigen Zeitpunkt kann noch niemand (auch nicht Metaverse-Pioniere wie Mark Zuckerberg!) eindeutig sagen, wie sich Web3 und NFTs entwickeln werden. Wir dürfen gespannt dabei zusehen, welche Systeme, Anbieter, Plattformen und (Geschäfts-) Modelle sich durchsetzen werden. Eines scheint aber schon jetzt klar zu sein:
So selbstverständlich wie heutzutage für alle Unternehmen und Organisationen die Markenpräsenz und -Wahrnehmbarkeit in der Online-Welt ist, werden bald NFT-Angebote, Web3-Produkte und die Präsenz im Metaverse sein.
Dies gilt nicht nur für die Wirtschaftsbereiche, die ohnehin mit den Entwicklungen des Web3 eng verknüpft sind. Dazu gehören beispielsweise Mode und Lifestyle, Gaming und die Unterhaltungs- und Freizeitindustrie, die Kultur- und Kreativwirtschaft und der große Bereich des E-Commerce oder V-Commerce. Für alle Bereiche mit direktem Kundenkontakt, wie etwa das Banken- und Versicherungswesen, der Gesundheitssektor und alle zum sonstigen Dienstleistungssektor zählenden Unternehmen, wird das Metaverse die Zukunft sein.
Glaubt man den Vorhersagen von Marketing- und Web3-Experten wie Gary Vaynerchuk („Gary Vee“), wird in wenigen Jahren selbst „der Bäcker um die Ecke“ Gutscheine nicht mehr als physische/analoge „Stempelkarten“, sondern als NFT herausgeben. Gleiches gilt für bisher vor allem über Social-Media und Apps funktionierende Aktionsangebote, Bonusprogramme und andere Mittel zur Kundenbindung. Der zum 40. Geburtstag des McRib von McDonald’s eingeführte McRib-NFT gibt darauf schon jetzt einen Vorgeschmack.
Das Metaverse wird zum neuen Kontaktpunkt für Marken, bei dem vor allem NFTs als Werkzeuge zur Kundenbindung eingesetzt werden.
Neben dem Betrieb einer Webseite, der Präsenz auf Social-Media-Plattformen und der Nutzung etablierter Marketing-Kanäle (Content-Marketing, Branded Entertainment, etc.) wird über kurz oder lang eine Präsenz im Metaverse die Regel und nicht die Ausnahme sein.
Die eigene Marke im Metaverse erlebbar zu machen, dürfte in den nächsten Jahren zu den größten aber auch lohnendsten Herausforderungen für alle Verantwortlichen in den Bereichen Marketing, strategische Markenführung und Geschäftsfeldentwicklung („Business Development“) zählen.
Das „Web3-Ökosystem“: Neue Player, neue Regeln
Im Rahmen des derzeit entstehenden Web3-Ökosystems bemühen sich verschiedene Dienstleister, ihren Kunden die ersten Wege ins Metaverse aufzuzeigen, indem sie entsprechende Web3-Strategien entwickeln. Vor allem Kreativ- und Designagenturen sowie etablierte große, aber auch kleinere junge Beratungsunternehmen treten zunehmend als „Web3-Berater“ in Erscheinung. Aufgrund der Neuheit und Komplexität der Marktmöglichkeiten im Web3 ist auf Seiten der Unternehmen neben einem allgemeinen Verständnis von Web3-Technologien jedoch auch weiteres Spezialwissen, etwa über Blockchains, Dezentralisierte Finanzdienstleistungen (DeFi), Datenschutz und die regulatorische Landschaft erforderlich. Die Rolle des „Chief Metaverse Officer“ ist im Gespräch.
"A big mistake is for brands to simply reproduce a virtual something that already exists physically"
Patrizio Miceli (Al Dente)
NFTs ermöglichen die „Phygital“-Revolution: die Verschmelzung physischer und digitaler Produktwelten
Es gibt keine einheitliche Art des Einstiegs und der Etablierung einer Mark im Metaverse, da dies sowohl vom branchenspezifischen Nutzerverhalten, den individuellen (Marken-)Strategien der Unternehmen als auch den sich durchsetzenden Technologien und Plattformen abhängig ist. Eine erste „Grundregel“ zeichnet sich jedoch ab: die Marke sollte im Web3 nicht einfach nur eins zu eins übertragen werden. Entscheidend ist vielmehr die Marke für das Web3, vor allem für das Medium „Metaverse,“ neu zu denken und dabei ihre DNA beizubehalten.
So gelingt der Sprung ins Metaverse
Wie immer bei der Entwicklung neuer Technologien und Möglichkeiten wird sich auch im Bereich des Web3-Marketings erst im Laufe der Zeit eine „Best Practice“ herauskristallisieren. Die wesentlichen Erfolgsfaktoren für einen gelungenen Sprung ins Web3 sind bis dato:
- Web3-bezogenes technologisches Fachwissen;
- Verständnis der Besonderheiten der Web3-Ökonomie;
- Kenntnis und Berücksichtigung der rechtlichen und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen des Web3;
- Entwicklung einer langfristigen Web3-Strategie;
- Zusammenarbeit mit professionellen Kooperationspartnern und Dienstleistern.
Schließlich gilt: Die besten Erfolgsaussichten dürften die Unternehmungen und Organisationen haben, die sich frühzeitig mit den neuen Entwicklungen auseinandersetzen und diesen offen und mit dem nötigen Mut entgegentreten. Dazu gehört es auch, vorhandene Denk- und Arbeitsweisen sowie etablierte Geschäftsmodelle kritisch zu hinterfragen. Vielleicht kann dabei auch der Blick durch eine VR-Brille helfen.